Mehr als 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs sind die alliierten Bombenangriffe gegen das nationalsozialistische Deutsche Reich nach wie vor ein umstrittenes, emotional diskutiertes Thema. „Bis heute prägen konstruierte Feindbilder sowie Zuschreibungen von Opfern und Tätern die Debatte und sorgen für vermeintliche Unversöhnlichkeiten zwischen den Generationen“, erklärt Dr. Georg Hoffmann vom Institut für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Den Bombenkrieg in Graz haben SchülerInnen der KLEX-Schule (Klusemann Extern) nun mit Unterstützung von Hoffmann und dessen Kollegin Dr. Nicole-Melanie Goll neu aufgerollt. Im Rahmen einer Ausstellung, die morgen, am 6. Dezember 2016, um 10 Uhr in der Stadtbibliothek eröffnet wird, zeichnen die SchülerInnen Spuren und Erinnerungszeichen nach, die der Bombenkrieg in der steirischen Landeshauptstadt hinterlassen hat.
Im Dialog mit ZeitzeugInnen diskutierten die SchülerInnen, warum der Bombenkrieg noch heute ein emotional aufgeladenes Thema ist und wie an diesen erinnert wird. Dabei wurde auch die Entstehung von Gewalt, wie etwa die Lynchjustiz an alliierten Flugzeugbesatzungen, untersucht. „Auch die Frage, wie diese Gewalt über die Erinnerung an den Bombenkrieg bis heute legitimiert wird, war Teil des Projekts“, erklärt Hoffmann. Mit ehemaligen amerikanischen Fliegern tauschten sich die Jugendlichen mittels Videobotschaften aus. Die Ergebnisse wurde auf sieben Schautafeln komprimiert: „Dabei wird der Bogen vom Schloßbergstollen – als Schutz-, Flucht- aber auch Ausgrenzungsort im Bombenkrieg – bis hin zur Ermordung amerikanischer Flieger in Graz-Straßgang gespannt“, fasst Goll zusammen. Das Schicksal afro-amerikanischer Crew-Mitglieder, die aufgrund der Rassentrennung in den USA ausgegrenzt und nach dem Abschuss ihrer Maschinen auf besonders brutale Weise Opfer nationalsozialistischer Gewalt wurden, ist ebenfalls ein Schwerpunkt der Ausstellung. „Ziel des Projekts ist die Analyse gesellschaftlicher Erinnerungskultur zum Bombenkrieg und die Untersuchung der Frage, wie sich diese Erinnerung als Konfliktfeld im kollektiven Gedächtnis niederschlägt“, unterstreichen die beiden HistorikerInnen.
Hintergrund und Basis der Ausstellung ist das Forschungsprojekt „Gedächtnisort Bombenkrieg“, das am Institut für Geschichte der Uni Graz angesiedelt ist und vom Land Steiermark sowie vom Zukunftsfonds der Republik Österreich finanziert wird.
Ausstellung „BiG – Bombenkrieg in Graz“
Eröffnung: Dienstag, 6. Dezember 2016, um 10 Uhr
Ort: Stadtbibliothek Graz, Kernstockgasse 2, 8020 Graz
Dauer der Ausstellung: 6. Dezember 2016 bis 22. Dezember 2016
Freier Eintritt