In welcher Weise und unter welchen Voraussetzungen Provinz und Staat im südöstlichen Europa aufeinander einwirken, aber auch aneinander geraten – darauf will die Tagung „Provincial Turn“ am 1. Oktober 2015 an der Karl-Franzens-Universität Graz Antworten finden. HistorikerInnen aus Griechenland, Bulgarien, Slowenien, Deutschland und Österreich liefern dazu Beispiele aus den Bereichen von Literatur, Musik, Kunst, Brauchtum und Demographie und spannen einen zeitlichen Bogen von der Vormoderne des 18. Jahrhunderts bis hin zur Gegenwart.
„In den Ländern Südosteuropas ist der Provinzialismus bis heute stark ausgeprägt“, weiß die Historikerin und Tagungs-Initiatorin Dr. Ulrike Tischler-Hofer. Ihre aktuellen Forschungen über die in Zentraleuropa kaum bekannte, im äußersten Winkel Südosteuropas gelegene Region Thrakien haben ihre Aufmerksamkeit auf die „Provinz“ in ihren vielfältigen Funktionen für den Staat gelenkt und die Idee zur Tagung geliefert.
Denn oft, so Tischler-Hofer, befinden sich die Regionen aufgrund der politischen Zerschlagung nach 1878 in einem dichten Spannungsfeld. So wirken nach wie vor imperiale Machtgefüge aus der Zeit der Habsburger bzw. Osmanisches Reiches nach. „Darüber hinaus handelt es sich nicht um den einen Staat und die eine Provinz, sondern um das Überbleibsel eines religiös, ethnisch und sprachlich komplexen Geflechts, auf das gleich mehrere nationale, regionale oder lokale Zentren Anspruch erheben“, erklärt Tischler-Hofer.
Die Tagung ist sowohl in den gesamtuniversitären Schwerpunkt Südosteuropa eingebettet als auch einem der Forschungsthemen des Historikers Ao.Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c.(mult.) Harald Heppners gewidmet, der am 30. September 2015 in den Ruhestand wechselt.
Donnerstag, 24.09.2015