„Those who cannot remember the past are condemned to repeat it", schreibt der Philosoph George Santayana in seinem Werk „Reason in Common Sense”. Um die Ereignisse der Vergangenheit nicht dem Vergessen anheimfallen zu lassen, suchen Historiker:innen stets neue Wege der Darstellung. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Ästhetik, weshalb sich die Jahrestagung der Gesellschaft für Geschichtsdidaktik in 21 Vorträgen diesem Thema widmet. Organisiert wird sie von Christian Heuer und Britta Breser von der Universität Graz und Georg Marschnig von der Universität Wien.
Schöner Schein
Die Vorträge decken ein breites Spektrum ab. So stellt Charlotte Husemann die Frage, wie die Sozialen Medien die Vermittlung und Rezeption von Geschichte(n) beeinflussen. Denn Nutzer:innen von TikTok oder Instagram wollen ihre Beiträgen vielfach als etwas Außergewöhnliches und Schönes darstellen. So zeigt sich, dass selbst Bilder und Videos aus Holocaust-Gedenkstätten wie Auschwitz sich eher durch ihre Inszenierung auszeichnen, und weniger durch ihre kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte und damit auch eine große Reichweite erzielen.
„Personen, die auf Instagram und TikTok Bilder aus Gedenkstätten teilen, achten auf die ästhetische Qualität, ohne dass eine sinnbildende Auseinandersetzung mit dem Erinnerungsort stattfindet, ohne dass Geschichten entstehen. Zwischen der Vergangenheit, Gegenwart oder gar Zukunft werden keine Verknüpfungen hergestellt“, erklärt Husemann. Es dominiere der schöne Schein, nicht die historische Erkenntnis.
Überschreiben
Doch nicht nur in den sozialen Medien versucht man, mit ästhetischen Überschreibungen die Erinnerung an die Gräuel der NS-Zeit greifbar zu machen. An der Universität Graz wurde im Frühling im Zuge eines Umbaus das Kunstwerk „weil es so viele sind“ von Elisabeth Schmirl präsentiert. Zwei nationalsozialistische Fresken, die 1939 von dem Künstler Franz Köck im Stiegenhaus des Gebäudes geschaffen wurden, sind nach dem Krieg übermalt und bei einer Renovierung 1997 wiederentdeckt und bereits damals mit einer Kunstinstallation von Richard Kriesche und Helmut Konrad überschrieben worden.
Dazu setzt das neue Werk von Elisabeth Schmirl nun einen weiteren einen Kontrapunkt. Die Wandmalerei zeigt lebensgroße Personen in zarten Grautönen und es geht um Pluralität. Es soll die homogene NS-Volksgemeinschaft konterkariere, die von den ursprünglichen Fresken verherrlicht wird.
Die Arbeit der Künstlerin basiert auf einer Sammlung von etwa 70 historischen und zeitgenössischen Lebensgeschichten, die mit der Universität Graz in Verbindung stehen. Einige dieser Personen waren Opfer nationalsozialistischer Verfolgung, während andere vor repressiven Regimen geflohen sind und an der Universität Graz studierten oder forschten, ergänzt Gerald Lamprecht, Leiter des Centrums für jüdische Studien und zusammen mit Judith Laister verantwortlich für das Projekt.