„Uns war ethnografisches Zuhören, Mitgehen und Mitleben wichtig“, beschreibt Katharina Eisch-Angus das Ziel. „Nur so lassen sich die Widersprüche und Vieldeutigkeiten gelebten Alltags verstehen. Nur so werden Bedürfnisse und Wünsche sichtbar, wachsen Zukunftsideen.“ Bei der Debatte rund um die im Vorjahr teils angebrannte Rösselmühle ginge es auch um Macht, um Recht und Besitz. Es gehe um Stadtentwicklung, wie sie auf der anderen Murseite, im politischen Zentrum der Stadt geplant wird.
„Das Projekt lief als zweisemestriges Studienprojekt, das als berufspraktisches Learning-by-doing und forschungsgeleitete Lehre in unserem Mastercurriculum verankert ist“, schildert die Professorin am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie. „Im Laufe der Forschungen haben wir gemerkt, dass die Mühle ein wichtiger Identifikationsanker im Gries ist, an den sich nun auch einiges an Bitterkeit über das fortgesetzte Verschwinden und die Verbauung des gewachsenen Viertels heftet“, hält Eisch-Angus fest. „Dabei sind es vor allem die Frauen, die diese Verluste formulieren, die die Geschichten von Häusern, Hinterhöfen und Arbeitsorten erzählen und sich damit der der wachsenden Gesichts- und Geschichtslosigkeit der Vorstadt entgegenstemmen."
Ausstellung im Foyer der Bibliothek ab 4. März
Viele dieser Aspekte vereint nun die Ausstellung, die bereits am Griesplatz sowie im Volkskundemuseum Graz haltmachte von 4. bis 13. März 2024 im Foyer der Bibliothek zu sehen ist. Insgesamt 22 Schautafeln geben Einblicke in Geschichte und Geschichten rund um die Mühle. Gezeigt werden Fotos, Erinnerungen von Anrainer:innen und früheren Mitarbeiter:innen, aber auch Konzepte, die sich mit der Zukunft des Areals befassen. Darunter sind Ideen von anliegenden Sozial- und Kultureinrichtungen sowie Abschlussarbeiten von Architektur-Studierenden zur Umnutzung der Mühle.
Nach der Uni Graz macht die Ausstellung vom 14. bis 16. März in der Innenstadt am Jakominplatz vor dem "Steirerhof" Station.
Begleitend zur Ausstellung ist eine Text- und Erzählbroschüre erschienen, die kostenfrei am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie bestellt werden kann.