Lernen begleitet uns ein Leben lang – vom ersten Schritt bis zum Schulabschluss und darüber hinaus. Was geschieht dabei im Gehirn? Welche Techniken unterstützen den Lernprozess? Und welche Rolle spielt das familiäre oder soziale Umfeld? Mit diesen und vielen anderen Fragen beschäftigt sich die Lehr- und Lernforschung.
Die Expert:innen zu diesem Thema treffen sich seit 40 Jahren auf großen Konferenzen, organisiert von der European Association for Research on Learning and Instruction, der EARLI. Ihr Jubiläum feiert die Organisation im August bei einer Konferenz an der Universität Graz. „Wir erwarten rund 2500 Teilnehmer:innen“, sagt Lucia Mason, Präsidentin der EARLI. Auf dem Programm stehen zahlreiche Präsentationen aktueller Forschungsergebnisse aus den verschiedensten Bereichen der Lehr- und Lernforschung.
Fokus auf das Gehirn
Wissenschaftler:innen der Universität Graz präsentieren unter anderem ihre Arbeiten im Bereich der neurowissenschaftlichen Lernforschung. So untersucht etwa Stephan Vogel mit EEG und MRT, was in unserem Gehirn passiert, wenn wir Zahlen oder Mengenangaben wahrnehmen. „Dieser Prozess ist entscheidend beim Verständnis mathematischer Konzepte“, erklärt der Psychologe und Neurowissenschaftler. Sein Wissen fließt in ein gemeinsames Projekt mit der Pädagogischen Hochschule Steiermark ein: Ziel ist es, das Zahlenverständnis von Vorschulkindern digital zu erfassen und gezielte Fördermaßnahmen zu entwickeln.
Sein Kollege Roland Grabner wiederum erforscht, wie sich aus Begabungen Talente entwickeln. Dafür untersucht er unter anderem Menschen, die Höchstleistungen in Schach und Mathematik erbringen, und geht Fragen nach wie: Welche Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale braucht es dafür und wie funktionieren die Gehirne von Expert:innen? Ein weiterer Fokus liegt auf dem zweisprachigen Lernen. Grabner möchte herausfinden: „Welche kognitiven Herausforderungen entstehen, wenn man Mathematik nicht in der Muttersprache lernt? Und wie viel zusätzliches Lernen ist nötig, um das gleiche Leistungsniveau zu erreichen?“
Von der Forschung ins Klassenzimmer
Die internationale Vernetzung von Wissenschaftler:innen fördert nicht nur den Austausch von Wissen, sondern hilft auch, Forschungsergebnisse schneller in den Unterricht zu bringen. „Unsere Expert:innen nehmen in ihren Heimatländern eine aktive Rolle bei der Lehrplanentwicklung ein“, sagt EARLI-Präsidentin Mason. „Ihr Wissen war entscheidend für die Entwicklung digitaler Lerntools, wie sie heute an vielen Schulen eingesetzt werden.“ Zunehmend konzentrieren sich die Forscher:innen auch auf die sozialen Aspekte des Lernens. „Wie wichtig sind Beziehungen für den Erfolg in der Ausbildung? Ob Familie, Freund:innen oder die Bindung zu Lehrer:innen – all das beeinflusst Lernergebnisse“, erklärt Mason.
Was erwartet die Bildungsforscher:innen bei der Konferenz in Graz? „Wir pflegen hier intensive Kontakte zu Kolleg:innen aus benachbarten Disziplinen“, sagt Stephan Vogel. „Die EARLI-Konferenz an der Universität Graz ist eine einzigartige Gelegenheit, die vielfältige und qualitativ hochwertige Bildungsforschung unserer Universität international sichtbarer zu machen“, ergänzt Roland Grabner. Deshalb wird auch das universitäre Forschungsnetzwerk FUTURE EDUCATION mehrfach im Konferenzprogramm vertreten sein.
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