Nobelpreisträger Otto Loewi oder die erste Landtagsabgeordnete der Steiermark Martha Tausk sind nur zwei Berühmtheiten, die aufgrund ihrer jüdischen Abstammung im Nationalsozialismus ihrer Besitztümer beraubt wurden. Einige ihrer Buchschätze gelangten über Umwege in die Grazer Universitätsbibliothek – und wurden mittlerweile restituiert. Birgit Scholz und Markus Lenhart durchforsten nämlich seit vier Jahren im Rahmen eines von der damaligen Vizerektorin Irmtraud Fischer initiierten Projekts alle Erwerbungen der Hauptbilbiothek der Jahre 1938 bis 19454 sowie alle bis inklusive 1945 erschienenen Bücher von sieben ausgewählten Institutsbibliotheken. 120 Werke von elf VorbesitzerInnen konnten bereits zurückgegeben werden, 63 weitere wurden von den Nachfahren der Universitätsbibliothek als Geschenk überlassen. „Wir sind unter anderem auf Bände von Otto Loewi, Martha Tausk oder der Lehr- und Erziehungsanstalt Sacré Coeur gestoßen. Die ersten wertvollen Stücke konnten wir 2012 restituieren“, berichten die ForscherInnen, die gestern im Lesesaal den aktuellen Stand ihres Projekts präsentierten.
In zahlreichen Fällen konnten noch keine Nachfahren ausgeforscht werden beziehungsweise laufen die Recherchen, ob es sich tatsächlich um Raubgut handelt. „Die Provenienzforschung liegt uns sehr am Herzen. Wir wollen damit einen Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung leisten und unrechtmäßig in unseren Bestand geratene Werke so schnell wie möglich wieder zurückgeben“, betont Rektorin Christa Neuper. Das Projekt wird daher noch bis 2017 aus Mitteln der Vizerektoren Martin Polaschek und Peter Scherrer fortgesetzt. Bis dahin sollte der gesamte fragliche Buchbestand restlos geprüft sein.
Im Rahmen der Veranstaltung hielt auch der Historiker Winfried R. Garscha, Ko-Leiter der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz am Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, einen Vortrag über den Volksgerichtsprozess gegen Adolf Hitler im Jahr 1952.