Wenn es Frühling wird, lädt die Diagonale zum Rendezvous mit dem österreichischen Film nach Graz. Vom 13. bis 18. März 2018 geht das Filmfestival zum 21. Mal inmitten der steirischen Landeshauptstadt mit rund 100 Filmen über die Bühne. Dabei gilt: Es gibt viel zu entdecken – im Kino, auf der Leinwand und darüber hinaus. So etwa im diesjährigen Dokumentarfilmwettbewerb.
Mit "Waldheims Walzer" von Ruth Beckermann blickt die Diagonale’18 ins Jahr 1986, auf die Zeit kurz vor der Bundespräsidentschaftswahl. Ruth Beckermann spürt dem Beginn der „Affäre Waldheim“ nach, die einen Wendepunkt in der österreichischen Nachkriegsgeschichte markiert und die Doktrin der Zweiten Republik, lediglich Opfer Hitlers gewesen zu sein, ins Wanken brachte. Ein betörender Essay, montiert aus zusammengetragenem Archivmaterial und wiedergefundenen eigenen Aufnahmen, ein dokumentarisches Opus Magnus über individuelles wie kollektives Erinnern und Vergessen.
Eine ähnliche Thematik behandelt "Back to the Fatherland" von Kat Rohrer und Gil Levanon. Mit ihrem Dokumentarfilm gehen die beiden Frauen der Frage nach, was es für Holocaust-Überlebende in Israel wohl bedeuten mag, wenn die Enkelkinder zurück nach Deutschland oder Österreich ziehen, und welch zwiespältige Gefühle dieser Schritt auf allen Seiten hervorruft. "Back to the Fatherland" ist filmisches Ergründen. Ein Zusammenbringen von Stimmen für die Beziehungsarbeit mit dem Jetzt, in das die Vergangenheit eingeschrieben ist.
Thematisch verschwistert erscheinen diese Arbeiten auch mit dem historischen Spezialprogramm der Diagonale’18, "Kein schöner Land", in dem die Hauptstadt in den Hintergrund treten soll. Gemeinsam, aber aus unterschiedlichen Perspektiven wagen das Österreichische Filmmuseum, das Filmarchiv Austria und das ORF-Archiv Blicke in die Provinz und suchen nach Perspektiven aus der Provinz.
In diesem Rahmen wird noch ein weiteres Programm präsentiert. Und zwar das multimediale Projekt Work in Progress: „Die Kinder der Toten“. Nach zwei Jahren Vorbereitungszeit und 28 Drehtagen im Rahmen des „steirischen herbst“ 2017 ermöglicht die Diagonale erste Einblicke in ein eigentlich unmögliches Projekt: Elfriede Jelineks monumentalem Gespensterroman „Die Kinder der Toten“, gedreht mit LaiendarstellerInnen in obersteirischen Kindheitsorten der Nobelpreisträgerin, gebannt auf 666 Rollen Super-8-Film.
Gezeigt wird die Arbeit "Die Untoten von Neuberg" von Ulrich A. Reiterer, die die filmische Realisierung des Projekts dokumentiert. In "Die Steiermark hasse ich am allerwenigsten" erzählt Jelinek außerdem von ihrem Verhältnis zu ihrem Heimatbundesland. Außerdem zu sehen: die Ausstellung „Die Kinder der Toten“ mit Setfotos von Ditz Fejer, vom. 9. März bis 9. April im Feinkost Mild.
>>> KINO ZUM HÖREN: Im Diagonale-"Special" läuft heuer "Erdbeerland", ausgezeichnet mit dem Diagonale-Kurzspielfilm-Preis 2013. Regisseur und Autor Florian Pochlatko spricht im AirCampus-Podcast über zerstörte Utopien in Österreich und berührte Seelen. Wer zuhört, kann auch eine Diagonale-Goody-Bag gewinnen!
Tickets gibt es ab heute, 7. März, im Kunsthaus Graz sowie im MANGOLDS vis-a-vis (Zinzendorfgasse), auf diagonale.at/tickets , unter +43(0)316–269 555 (jeweils 10 bis 18 Uhr) sowie ab 14. März zusätzlich in den Festivalkinos.
Mittwoch, 07.03.2018