Am 12. März 2013 unterzeichnete Bundesminister Karlheinz Töchterle in Brasilia ein Rahmenabkommen im Bereich Bildung und Wissenschaft zwischen Österreich und Brasilien, das die Zusammenarbeit und den Austausch von Studierenden und Lehrenden beider Länder fördern soll. Die Arbeitsgruppe um Univ.-Prof. Dr. C. Oliver Kappe am Institut für Chemie der Karl-Franzens-Universität Graz kooperiert bereits seit einigen Monaten mit KollegInnen der Federal University of Rio de Janeiro (UFRJ) auf dem Gebiet der Synthese von Pharmawirkstoffen. „In einem gemeinsamen Forschungsprojekt arbeiten wir an der Synthese von zwei für Brasilien strategisch wichtigen Medikamenten, einem Anti-HIV-Wirkstoff und einem Mittel gegen Osteoporose“, berichtet Kappe. Am 13. März 2013 konnte der Chemiker seinen Kollegen Prof. Rodrigo De Souza, Forschungsgruppenleiter an der UFRJ, in Graz begrüßen. In den kommenden Tagen werden sich die Wissenschafter über den Projektfortschritt austauschen, an dem auch zwei Stipendiatinnen aus Rio de Janeiro maßgeblich beteiligt sind. Seit Herbst 2012 arbeiten die Doktorandinnen an der Uni Graz.
Ziel der Kontinente überschreitenden Kooperation ist es, die Herstellung von Medikamenten zu vereinfachen. „Brasilien muss Arzneimittel von ausländischen Pharmaunternehmen kaufen, weil man bislang nicht in der Lage ist, selbst Medikamente günstig herzustellen“, erklärt De Souza die gegenwärtige Situation. Mit Hilfe des Know-hows internationaler Partner, wie der Arbeitsgruppe von Oliver Kappe, soll sich das ändern.
Im aktuellen Projekt ist es insbesondere Kappes Expertise im Bereich der Durchflusssynthese, welche die Entwicklung umweltschonenderer und zugleich günstigerer Produktionsverfahren ermöglichen soll. Bei der Durchflusssynthese wird ein chemisches Gemisch durch einen geeigneten Reaktor, zum Beispiel ein Rohr, gepumpt. Dieses Rohr ist nur wenige Millimeter dünn, weshalb die Durchmischung und der Wärmeaustausch viel effizienter als bei herkömmlichen Produktionsverfahren sind. Eine wichtige Rolle spielt in diesem „Flow-Verfahren“ die ideale Kombination von Temperatur, Zeit und Druck.
Die jüngste Unterzeichnung des österreichisch-brasilianischen Abkommens ist unter anderem ein Resultat der Bemühungen Brasiliens, das Land als Forschungsstandort zu stärken. Zur Steigerung der akademischen Mobilität hat die brasilianische Regierung bereits 2011 das Förderprogramm „Science without Borders“ ins Leben gerufen. Bis 2015 sollen bis zu 100.000 Stipendien für Studierende, Dissertantinnen, Postdocs und GastprofessorInnen vergeben werden.
Auch die beiden Jungforscherinnen aus Rio, die derzeit an der Uni Graz forschen, erhalten ein Stipendium von „Science without Borders“. Und Oliver Kappe, der für seine Expertise im Bereich der Mikrowellenchemie international höchst renommiert ist, lehrte im Rahmen des Programms im Februar vier Wochen lang als „Special Visiting Researcher“ an der UFRJ.