Vorstellungen, was nach dem Tod passiert, gibt’s wohl solange wie die Menschheit. In Mesopotamien, eine der frühen Hochkulturen, dachte man an ein Schattenreich. „Das war allerdings wenig ausdefiniert“, schildert Theresia Heimerl. Ein ähnliches Bild findet sich später ebenso im antiken Griechenland und im Römischen Reich, wo Seelen in die Unterwelt, den Hades, wanderten.
Im alten Ägypten wiederum glaubte man daran, dass ein Totengericht abgehalten und die Seele gewogen wird. „Ging das für die Verstorbenen positiv aus, war das Jenseits eine ausgeprägte Spiegelung des Diesseits“, fasst die Religionswissenschaftlerin zusammen. Das erklärt die üppige Ausstattung der Pharaonengräber, wovon die Funde von Alltagsgegenständen über Tiere bis hin zu Diener:innen aus Ton oder Stein zeugten.
Eine Art „Schattenreich“, das nicht erstrebenswert war, stellten sich die Verfasser des Alten Testaments vor. Erst das Christentum brachte mit der Auferstehung des ganzen Menschen eine komplett andere Vorstellung ins Spiel. „Obwohl sich Christ:innen bis ins 3. Jahrhundert hinein damit sehr schwer taten“, erinnert die Professorin am Institut für Religionswissenschaft an frühe Texte antiker Schriftsteller. Selbst für das Zeitalter Jesu seien lediglich Ansätze für diese neue Jenseitshoffnung vorhanden, die dann, so Heimerl, schließlich im ersten Jahrhundert an Fahrt aufnehme. „Im Laufe der Jahrhunderte werden unter anderem die Jenseitsorte ausgebaut, wie zum Beispiel der Limbus für die ungetauften Kinder“, schildert Heimerl. Im Mittelalter wird das Bild schließlich um das Fegefeuer, wo die Reinigung der Seele passiert, erweitert.
Mittlerweile haben sich die Vorstellungen deutlich verändert, wie man heutzutage anhand vermehrter Feuer- und Naturbestattungen sehe. Die Idee von Himmel und Hölle spiegle sich eher im allgemeinen Sprachgebrauch. Auch der Einfluss der Religionen im asiatischen Raum habe, so die Wissenschaftlerin, Spuren hinterlassen. Der Hinduismus sei von einer großen Vielfalt vom Dasein nach Tod geprägt – das reiche von bildlichen bis zu abstrakt-philosophischen Ausführungen. Theresia Heimerl: „Wunsch der Gläubigen ist es, nach einigen Wiedergeburten aus diesem Kreislauf auszubrechen.“ Im Buddhismus hingegen wird die völlige Auslöschung als das höchste Ziel angestrebt.
Im Islam wiederum gibt es wie im Christentum ein Jüngstes Gericht am Ende der Tage. „Durch eine Himmelswaage erfolgt die Aufteilung in Verdammte und Gerettete“, fasst die Religionswissenschaftlerin zusammen.
Vortrag am 20. März
Noch mehr über Jenseitsvorstellungen in Geschichte und Gegenwart berichtet Theresia Heimerl auch am 20. März 2024 um 18:15 Uhr im Hörsaal 10.11 in der Heinrichstraße 28, 1. Stock, im Rahmen der Ringvorlesung „Hospiz und Palliative Care in einer sich schnell ändernden Gesellschaft“. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.