Der demografische Wandel ist voll im Gang: Allein seit dem Jahr 2000 hat die Zahl der
15-Jährigen in der Steiermark um 19 Prozent von 14.067 auf 11.380 abgenommen. Obwohl der wichtigste „Rohstoff“ unseres Landes – die Jugend – damit massiv verknappt wird, wird er trotzdem noch immer allzu oft vergeudet: Jeder vierte AHS-Schüler bricht die Oberstufe ab oder wechselt zumindest den Schultyp, bei den BHS ist es sogar mehr als jeder Dritte (36 Prozent). Oft ist fehlende Beratung der Grund für dieses späten Erwachen. Viele Talente werden nicht entsprechend erkannt bzw. gefördert und bleiben damit nicht selten ohne abgeschlossene Ausbildung auf der Strecke. Eine „Verschwendung“, die sich unser Standort schon allein aufgrund der demografischen Entwicklung nicht länger leisten kann, so Präsident Josef Herk: „Aus diesem Grund haben wir als WKO Steiermark das Talentcenter ins Leben gerufen. Gemeinsam mit unserem wissenschaftlichen Partner, der Universität Graz, haben wir die Berufs- und Ausbildungswahl damit auf ein neues Fundament gestellt.“
Peter Riedler, Rektor der Universität Graz freut sich, dass dieses erfolgreiche Projekt und mittlerweile viel beachtete Model gemeinsam mit der WKO Steiermark entwickelt werden konnte und betont: „Wissenschaft muss immer dem Menschen und der Gesellschaft dienen. Und der Talentcheck zeigt eindrucksvoll wie gut und konkret Wissenschaft und Wirtschaft an einem Strang ziehen. Davon profitieren vor allem die jungen Menschen. Sie bekommen Orientierung und Unterstützung für ihre Zukunft.“
Das zeigt auch die bisherige Statistik: 61 Prozent aller steirischen Schulen nutzen mittlerweile regelmäßig das Angebot des Talentcenters. Und das aus gutem Grund, wurde die 2016 ins Leben gerufene Einrichtung doch als „weltbeste Bildungsinitiative“ (World Chamber Congress in Rio de Janeiro 2019) geadelt und erfolgreich nach Bozen exportiert. Erfolgreich ist das Talentcenter aber auch im Land: Mit dem heutigen Besuch der 4D des BG/BRG Kapfenberg wird die Marke von 50.000 Talentchecks durchbrochen. „Wir freuen uns, dass Jugendliche aus der ganzen Steiermark zu uns ins Talentcenter kommen. Knapp 7.000 Jugendliche – aus AHS und Mittelschulen – durchlaufen den Talentcheck jährlich und bekommen so eine wirklich gute Grundlage für ihre Bildungs- und Berufsentscheidung, von Lehrberufen bis zum Studium“, freut sich Sabine Sattler, Leiterin des Talentcenters an. Schließlich basieren die Ergebnisse – Dank einer Kooperation mit der Universität Graz – auf einer breiten wissenschaftlichen Basis.
So läuft ein Test im Talentcenter ab: Angemeldet werden können ganze Klassen. Sie durchlaufen eine umfangreiche Testbatterie, diese beinhaltet vor allem kognitive Fähigkeiten, Motorik, Aufnahmefähigkeit sowie allgemeine und berufsrelevante Kenntnisse und Interessen. Die Ergebnisse aus diesen Stationen können dann in Form eines Talentreports über die Webseite talentcenter.at abgerufen werden. Und zwar nur von der jeweiligen Person selbst mit eigens erstellten Zugangsdaten. Drei Jahre können die Jugendlichen ihren individuellen Talentreport noch abrufen, bevor die Testergebnisse dann anonymisiert und keiner Person mehr zuordenbar sind. Der Talentreport kann aber natürlich auch gespeichert und ausgedruckt werden.
Im Talentreport finden die Schülerinnen und Schüler alle Ergebnisse der einzelnen Bereiche nochmals erklärt und dazu auch das individuelle Ergebnis. Als zusammenfassendes Ergebnis werden alle Daten kombiniert und mit den Anforderungen der verschiedenen Berufe abgeglichen. Schülerinnen und Schüler, die bereits eindeutige Interessen haben, bekommen Berufsvorschläge unter Berücksichtigung ihrer Interessen. Jene, bei denen die Interessen noch nicht ausdifferenziert sind, bekommen die Berufsvorschläge unabhängig von Interessen. Dafür sind für die Jugendlichen zwei Listen mit Berufsvorschlägen im Talentreport enthalten. Berufe, die in beiden Listen vorkommen, sind fett hervorgehoben. Mit diesen Berufsvorschlägen bekommen die Jugendlichen zudem Informationen und weitere Beratungsangebote zu möglichen Ausbildungen. Ein höchst hilfreiches Angebot, dass Jugendlichen die Qual der Wahl nicht nur erleichtert, sondern auf eine fundierte Basis stellt, wie die Erfahrungsberichte Hedwig Freytag und Mika Binder bestätigen.
HEDWIG FREYTAG: „Ich war in der Unterstufe im Talentcenter. In meinem Talentreport wurden mir in der Liste mit den Interessen verschiedene medizinische Berufe vorgeschlagen – u.a. Gynäkologin. Ich hatte Medizin nie am Schirm bzw. habe ich es mir vielleicht davor auch nicht zugetraut. Auf alle Fälle studiere ich jetzt Medizin im 6. Semester und es passt richtig gut. Und ich werde meinen Facharzt nun auch in der Gynäkologie machen.“
MIKA BINDER: „In meinem Talentreport waren die mathematischen und technischen Fähigkeiten besonders ausgeprägt. Das war dann auch der ausschlaggebende Grund, warum ich jetzt eine HTL besuche.“