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Freitag, 30.07.2021

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Uni-Archivar Alois Kernbauer blickt naturgemäß in die Vergangenheit und arbeitet die Geschichte der Uni Graz auf. Die neueste Publikation setzt sich mit den Beziehungen zur Universität Ljubljana auseinander. Foto: Uni Graz/Tzivanopoulos

Uni-Archivar Alois Kernbauer blickt naturgemäß in die Vergangenheit und arbeitet die Geschichte der Uni Graz auf. Die neueste Publikation setzt sich mit den Beziehungen zur Universität Ljubljana auseinander. Foto: Uni Graz/Tzivanopoulos

Graz und Ljubljana: Ein neues Buch untersucht die Parallelen zweier Universitäten

1919. Der Erste Weltkrieg ist vorbei. Das Habsburger-Reich ist Geschichte, der Friedensvertrag von St. Germain unterschrieben, die Rivalitäten unter den Völkern nach wie vor groß. Im gleichen Jahr wurde im Juli per Gesetz des neuen Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen eine eigene Universität in Ljubljana (Laibach) gegründet, und sie zieht damit zahlreiche Wissenschafter aus Graz in ihre geistige Umgebung. „Man muss sich vorstellen, dass es vor dem Ersten Weltkrieg bei uns drei Professuren für Slawistik gab, ,nur` zwei für Germanistik“, unterstreicht Alois Kernbauer.

Der Uni-Archivar und Mitherausgeber des Buches „Gemeinsam auf getrennten Wegen“, das die Rolle der slowenischen DoktorandInnen und die Gründung der neuen Universität beleuchtet, hat sich gemeinsam mit slowenischen KollegInnen auf Spurensuche begeben und die Ergebnisse in einem Band gesammelt. „Der Ruf des Faches Slawistik in Graz war hervorragend und die Bedeutung dementsprechend groß.“ Das Fach feierte vergangenes Jahr sein 150jähriges Bestehen. Das ehemalige Herzogtum Steiermark bestand zu zwei Drittel aus einer deutschsprachigen und einem Drittel aus einer slowenischsprachigen Bevölkerung. Demnach war die slowenische Kultur auch hierzulande an der Universität Graz sichtbar und wurde gelebt.

Rund 2000 Studierende hatte die Grazer Universität im 19. Jahrhundert. Etwa zehn bis 15 Prozent stammten dabei aus dem ehemaligen Jugoslawien, bestätigt der Archivar. Ersichtlich wird das aus den Studienblättern dieser Zeit. „20 Gulden kostete das Studium pro Semester. Das war bei einem Jahreseinkommen eines Universitätsassistenten von 300 Gulden pro Jahr viel Geld“, betont Kernbauer. Das Ende der Monarchie brachte die Wende: So kam es, dass der neu aufgeflammte Nationalismus der ehemaligen Kronländer dafür Sorge trug, dass die slowenischen Studierenden ganz ausblieben. Auf der anderen Seite wurde der akademische Ethos aus Graz durch den Wechsel vieler Professoren und DoktorandInnen an die Universität Ljubljana transferiert.

Zu einer Normalisierung und Stabilisierung kam es erst Anfang der 1930er-Jahre, was aber die Nazizeit wieder vernichtete. Dann kam Erich Swoboda. „Der Althistoriker und Archäologe war ein Brückenbauer und gilt als sehr gutes Beispiel für die gelebte Kooperation zwischen Graz und Laibach“, sagt der Historiker. „Er verstand sich als Großösterreicher und er positionierte sich somit über den Nationalitätenstreit.“ Durch ihn sowie der Initiativen der steirischen Landesregierung und WissenschafterInnen aus Ljubljana wurde die Universitäten-Kooperation wiederbelebt und besteht bis heute.

Ein Hintergrund für die Herausgabe der Publikation war die Aufarbeitung der österreichischen Vergangenheit seitens Sloweniens. Eng damit verbunden sind die Forschungen zum ehemaligen Herrscherhaus Habsburg. Wie stark die Monarchie noch bis heute in den ehemaligen Kronländern Südosteuropas wirkt, ist in der Soziologie als Habsburger-Anomalie bekannt. „Wir können sehen, dass nach 1989 in jenen Teilen der ehemaligen Monarchie, in denen die Habsburger die Administration aufgebaut hatten, diese noch bis in die Gegenwart unvergleichlich besser funktioniert als in Ländern, wo sie nicht tätig waren“, weiß Alois Kernbauer. Und das gilt vor allem für das heutige Slowenien.

BUCHTIPP:
Alois Kernbauer - Tone Smolej (Hg.), Gemeinsamkeit auf getrennten Wegen. Die slowenischen Doktoranden der Grazer Philosophischen Fakultät im Zeitraum 1876-1918 und die Gründung der Universität in Ljubljana (= Publikationen aus dem Archiv der Universität Graz 51), Graz 2021, 422 S. 

Erstellt von Konstantin Tzivanopoulos

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