Der jüdisch-christliche Dialog stand im Mittelpunkt einer Tagung, die von 4. bis 5. April 2014 am Grazer Universitätszentrum Theologie stattfand. Das Symposium wurde vom Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft organisiert, im Rahmen eines vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten Forschungsprojekts unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Irmtraud Fischer. Im Projekt dokumentiert und analysiert die Dissertantin MMag. Edith Petschnigg die historische Entwicklung des jüdisch-christlichen Dialogs in Österreich und Deutschland nach 1945.
„Beinahe die gesamte Kirchengeschichte hindurch definierte sich das Christentum in Abgrenzung zum Judentum. Erst die Tragödie der Schoa markierte für die christliche Theologie einen entscheidenden Wendepunkt in der Definition ihrer Haltung zum Judentum und damit zum ersten Teil ihrer Heiligen Schriften, dem Alten Testament bzw. der Hebräischen Bibel“, erklärt Edith Petschnigg. Ein wesentliches Resultat des allmählich stattfindenden Umdenkprozesses stellt der jüdisch-christliche Dialog dar.
Im Mittelpunkt der internationalen Tagung in Graz standen die Veränderungen in der Theologie, die der jüdisch-christliche Dialog mit sich brachte und bringt. Evangelische, katholische und jüdische ExpertInnen zeichneten wesentliche Stationen dieses theologischen Wandels aus ihrer jeweiligen Perspektive nach. Zu Wort kamen VertreterInnen der alt- und neutestamentlichen Bibelwissenschaft, Liturgiewissenschaft, Feministischen Theologie, Systematischen Theologie und Judaistik.
Am Freitagabend hielt Prof. Dr.h.c. Hans Hermann Henrix aus Aachen im Rahmen der Tagung einen öffentlichen Vortrag im Bildungshaus Mariatrost zum Thema „Kirche ohne Judentum? Eine Vergewisserung der Präsenz des Jüdischen in der ökumenischen Theologie“. Das Bildungshaus Mariatrost schloss damit an seine lange Tradition im Engagement für das jüdisch-christliche Gespräch an. Von 1982 bis 2007 veranstaltete das Haus im Zwei-Jahresrhythmus die „Österreichische Christlich-Jüdische Bibelwoche“, die von der Grazer Erwachsenenbildnerin Dr. Erika Horn initiiert worden war. „Graz spielte im österreichischen Kontext damit lange Zeit eine Vorreiterrolle im Feld des jüdisch-christlichen Gesprächs“, so Petschnigg.