Erstmals mehr uneheliche als eheliche Kinder in der Steiermark: Die aktuelle Geburtenstatistik hat gezeigt, dass 50,2 Prozent aller 2012 geborenen Babys nicht verheiratete Eltern haben. Für ihre Väter und Mütter gilt bereits das mit 1. Februar 2013 in Kraft getretene „Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013“, kurz „KindNamRÄG13“, das einige sehr wesentliche Neuerungen in den Bereichen gemeinsame Obsorge, Besuchs- und Namensrecht mit sich bringt.
Vor allem Väter profitieren von den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der ihnen mehr Rechte im Fall von Trennung und Scheidung einräumt. Eine Tagung an der Karl-Franzens-Universität Graz setzt sich am 15. März 2013 von 10 bis 17 Uhr mit den wesentlichsten Punkten des neuen Gesetzes auseinander.
„Für den Bereich der Obsorge hat der Gesetzgeber ein umfassendes Betreuungspaket für nicht zusammenlebende Familien geschnürt“, erklärt O. Univ.-Prof. Dr. Monika Hinteregger vom Institut für Zivilrecht, Ausländisches und internationales Privatrecht der Uni Graz, die mit Univ.-Prof. Dr. Susanne Ferrari die Tagung organisiert. „Die gemeinsame Obsorge ist nun nicht mehr von einem Einvernehmen beider Elternteile abhängig, das bedeutet: Väter können jetzt durch einen gerichtlichen Antrag zur Obsorge gelangen, was ihnen bisher verwehrt geblieben war. Im Fall einer Scheidung kann das Gericht beiden Elternteilen die Obsorge zuweisen, auch wenn ein Elternteil nicht zustimmt.“
Außerdem können unverheiratete Paare künftig bereits am Standesamt die gemeinsame Obsorge beantragen: „Durch diese Erleichterung der bürokratischen Wege wird wohl ein Ansteigen der gemeinsamen Obsorge bei nicht verheirateten Eltern erwartet“, so Susanne Ferrari. Eine große Änderung betrifft das bisherige „Besuchsrecht“, das in ein umfassendes Recht auf persönliche Kontakte zwischen dem Kind und jenem Elternteil, der nicht mit der Obsorge betraut ist, umgewandelt wurde. „Dadurch soll einerseits gewährleistet werden, dass der jeweilige Elternteil auch die Möglichkeit hat, am Alltag des Kindes teilzuhaben. Andererseits möchte der Gesetzgeber verhindern, dass Kinder ihrem Vater oder ihrer Mutter während eines laufenden Verfahrens entfremdet werden“, resümiert Hinteregger.
Eine Familiengerichtshilfe, also eine mit PsychologInnen und SozialarbeiterInnen besetzte Einrichtung der Justiz, wird künftig Gerichte bei diesen Verfahren unterstützen und versuchen, bereits im Vorfeld mehr Entscheidungen auf einvernehmlicher Basis herbei zu führen. Ein weiteres Detail: Der Begriff „uneheliches Kind“ wurde fast vollständig aus dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) gestrichen.
Auch das Namensrecht für Ehegatten und Kinder ist nun sehr liberal gestaltet, führt die Expertin aus: „Das mit 1. April 2013 in Kraft tretende Gesetz sieht vor, dass vermehrt Doppelnamen als Familiennamen gebildet und auch auf Kinder übertragen werden können“, so Hinteregger. Die Kombination der Namen wird ab September 2013 ebenfalls frei wählbar sein.
Hinteregger zieht eine positive Bilanz zu den im „KindNamRÄG13“ vorgesehen Neuerungen: „Bislang war Österreich bei den Themen gemeinsame Obsorge und Namensrecht weit restriktiver als viele andere europäische Staaten. Durch die geplanten Änderungen wird nun in diesen Bereichen kräftig aufgeholt.“
Tagung: „Das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013“
Zeit: Freitag, 15. März 2013, 10 bis 17 Uhr
Ort: Karl-Franzens-Universität Graz, Resowi-Zentrum, HS 15.03