Taugt das Anthropozän als kulturanalytische Denkfigur? Sehen wir schärfer, wenn wir mit einem Begriff operieren, der aus den Naturwissenschaften in zahlreiche soziale Felder zirkuliert und dort für anhaltende Unruhe sorgt? Oder verschleiert die großspurige Rede vom Menschen als geologische Kraft vielmehr konkrete Konfliktlagen vor Ort? Vor dem Hintergrund dieser Fragestellungen widmet sich die Veranstaltung “Wir Erdbewohner*innen“ signifikanten Bildern, Akteuren und Kapitalgefügen im Anthropozän. Sie versammelt die Ergebnisse eines 2-semestrigen Forschungs- und Studienprojekts am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Universität Graz und diskutiert diese mit Gastvortragenden aus Kunst und Wissenschaft. Die Beiträge zeichnen dabei Machtkämpfe um Land und Ressourcen nach, dekonstruieren romantische Bilder von Mensch-Tier-Beziehungen, begeben sich auf Spurensuche zwischen Kunst und Kompost – und laden ein zur relationalen Reise ins Anthropozän.
PROGRAMM
Ab 10:30 Uhr Willkommen & Einführung
Judith Laister, Maximilian Lakitsch: "Wir Erdbewohner*innen. Bilder, Akteure und Kapital im Anthropozän"
Barbara Grabher: "Events anthropozän denken"
Daniela Brasil: "Into the cracks (of the Earth)"
12:30 Uhr Ali Babas Mittagsbuffet
14:00 Uhr: On The Land
Wanda Deutsch: "Ich reise ins Anthropozän und packe in meinen Koffer... Zukunft, Region und Ländlichkeit"
In ländlichen Räumen finden aktuell Machtkämpfe um die Zukunft von Boden, politischer Beteiligung, Ressourcen und Lebensqualität statt. Ein Koffer voll kulturanthropologischer Begriffsarbeit – ob die Reise gelingt?
Anna M. Monsberger: "Das Kapitalozän geht baden. Verhandlungen des Faktors Eigentum am Beispiel des Wörthersees"
Entlang der Denkfigur des Kapitalozäns wird alltagsweltlich-materialistischen Dimensionen der Kategorie Eigentum und Ressourcenzugängen nachgespürt. Eine kultur- und rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung.
15:00 Uhr: Über Tiere
Carolina Tschinder: "Science, Fiction und Zukunftsvisionen im Kontext künstlich kreierter Tierpopulationen"
Die Thematik von künstlicher Intelligenz fasziniert den Menschen bis heute in Kunst, Film und Literatur. Inwiefern inspirieren diese Zukunftsvisionen bei der Entwicklung von Robotern, die dem Aussterben von Lebewesen entgegenwirken wollen?
Clara Ghislaine Ibold: "Die Renaissance der Arbeitspferde. Zur Symbolik eines romantischen Bildes"
Das Bild von Pferd und Mensch beim Pflügen eines Feldes, erlangt im Anthropozän eine entscheidende Bedeutung zur Verortung von Mensch-Natur-Beziehungen. Ausgehend von der emischen Aussage: “Das wirkt ja sehr romantisch...” soll erklärt werden, wieso dieses Bild solche Gefühle transportiert.
16:00 Uhr Popcorn & Kaffee-Zeremonie
16:30 Uhr: Und die Kunst…
Nathalie Pollauf: "Natur-Kompost-Kultur. Über Gefährt*innen & Verflechtungen in anthropozäner Kunst"
Anhand des situativen Kunstwerks “Untilled” von Pierre Huyghes wird die Beziehung von Natur und Kultur analysiert: Wie lassen sich vertraute Dichotomien ästhetisch als “NaturenKulturen” hybridisieren?
Elea Gabriel: "Was ist (geb)lieben? Metamorphose im Anthropozän"
Das Kunstwerk Tabula Saltandi von Werner Hofmeister am Grazer Kalvarienberg wird zum Sprungbrett für anthropozäne Denkgefüge. Ein mehrfacher Perspektivenwechsel zwischen Denklinien, Zeiten und Disziplinen.
17:30 Uhr
Friederike Teller: Abschluss-Wörter
18:00 Uhr Ausklang
In Kooperation mit <rotor> Zentrum für Zeitgenössische Kunst.
Wir danken der Universität Graz und der Stadt Graz für ihre Unterstützung.