Stefan Zweig, Judentum und Zionismus
Mark H. Gelber (Beer Sheva)
Buchvorstellung von Mark H. Gelber (Beer Sheva)
Diskussion mit Gerhard Langer (Universität Wien)
Moderation: Gerald Lamprecht (Universität Graz)
Bislang galt in der Wissenschaft und Öffentlichkeit die Meinung, dass der
„Europäer“ Stefan Zweig sich nur wenig für das Judentum interessierte.
Verbreitet wurde dieses Bild besonders von seiner ersten Frau Friderike,
seinem einflussreichen Biographen Donald Prater und in gewisser Weise
auch von ihm selbst. Infolgedessen war Zweigs Verhältnis zum Judentum
nie Schwerpunkt der vielschichtigen Zweig-Forschung geworden.
Mark Gelber, der sich seit vielen Jahren mit Stefan Zweig und seinem Werk
auseinandersetzt, unterzieht in seinem aktuellen Buch diese vorherrschende
Sicht Zweigs einer kritischen Betrachtung. Dabei kommt er zum Schluss,
dass es unbestreitbar sei, dass Zweig seine glänzende schriftstellerische
Karriere auf Grund seines Judentums beenden musste, d.h. als jüdischer
Exilant weit weg von seiner österreichischen Heimat. Gegen Ende seines
Lebens war er gebannt von einem Europa, das der Nationalsozialismus dominierte
und es ist höchst wahrscheinlich, dass seine Erlebnisse im Exil
eine Annäherung an das Judentum sowie an andere jüdische Persönlichkeiten,
die sich genauso wie er im Exil befanden, bewirkten. Auch entwickelte
er mit Hilfe seiner Exilerfahrungen neue Sichtweisen zu gewissen jüdischen
Belangen oder er betrachtetet diese aus einer anderen Perspektive als vorher.
Fest steht jedoch nach Mark Gelber auch, dass Stefan Zweig sich von
Anbeginn seiner Karriere mit dem Judentum, mit jüdischen Themen und
Angelegenheiten, ebenso wie mit der Realität des Ostjudentums, Jiddisch
sowie mit dem Zionismus regelmäßig und wesentlich befasste.