Internationaler Kongress für Kinderphilosophie
Unsere Gesellschaft befindet sich durch zunehmende Globalisierung, wissenschaftlich-technologischen Fortschritt und digitale Informationsvermittlung in grundlegender Veränderung. Was sich dabei verändert, ist nicht nur das Wissen über die Grundlagen unseres sozialen, medialen, kulturellen und ökonomischen Zusammenlebens, sondern bereits der Zugang zu und der Umgang mit diesem Wissen. Es zeichnet sich folglich ein tiefschürfender Strukturwandel ab, der dringliche gesellschafts- und bildungspolitische Fragen aufwirft – insbesondere mit Blick auf die Entwicklung junger Menschen. Welchen Einfluss haben diese Veränderungen auf die Persönlichkeitsentwicklung als auch auf die grundsätzliche Wahrnehmungs- und die Konfliktlösungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen? Man kann offensichtlich nicht davon ausgehen, dass mit diesen Veränderungen auch Partizipation und Chancengleichheit für alle jungen Menschen in der Bevölkerung einhergehen.
Bezugnehmend auf die aktuellen kultur-, gesellschafts- und bildungspolitischen Debatten setzt sich der Internationale Kongress für Kinderphilosophie 2014 mit der resultierenden Herausforderung auseinander, die bestehenden und die möglichen neuen Beziehungen zwischen Wissen und Verantwortung kritisch zu diskutieren. Das Kritische Denken als entscheidende Vermittlungs- und Begründungsinstanz soll dabei allerdings nicht lediglich als Mittel zum Zweck von Diskursen herangezogen werden, sondern darüber hinaus in das philosophisch-pädagogische Potenzial für konkrete Bildungsbereiche stärker einbezogen werden. Was bedeutet überhaupt die Fähigkeit, kritisch zu denken? Welche sind die Voraussetzungen? Inwiefern ist Kritisches Denken lehr- und lernbar?
Kritisches Denken basiert in jedem Fall auf sich gegenseitig rasch erweiternden Kriterien, um ausgeprägte Maßstäbe an Urteilsfähigkeit und Selbstreflexion zu erreichen. Der Kongress setzt sich zum Ziel, diese Voraussetzungen und Fähigkeiten Kritischen Denkens gemäß jener sozialen, medialen, kulturellen und ökonomischen Anforderungen neu zu bestimmen, mit denen junge Menschen heute in ihren Lebens-, Lern- und Arbeitswelten unausweichlich konfrontiert sind. Ziel ist es, neue Bedeutungen zu finden, um Grundlagen für die Verbesserung des Orientierungswissens junger Menschen bereitstellen zu können.
Denn nie zuvor in der Geschichte des Menschen sind Wissen und Verantwortung so sehr miteinander verschränkt. Dies bedeutet, dass sowohl die individuelle als auch die kollektive Verantwortung gewaltig im Ansteigen begriffen ist. Dies trifft vor allem auch die für Bildungsdenken und im speziellen strategischen Denken allgemein geradezu netzwerkartigen Zusammenhänge zwischen dem Ansteigen von Wissen auf der einen Seite und Nicht-Wissen auf der anderen Seite zu. Zwischen diesen Kategorien ist Verantwortung geradezu in dringlicher Weise philosophisch- pädagogisch zu positionieren.
Schwer oder gar nicht zugängliches Wissen führt schnell zu Desorientierung, Desinteresse und schließlich zu einem gesamtgesellschaftlichen Verantwortungsproblem, dem von philosophischer, wissenschaftlicher und politischer Seite nur in einer entsprechenden interdisziplinären/transdisziplinären Zusammenarbeit begegnet werden kann. Der Kongress soll dazu beitragen, konzeptionelle Grundlagen für konkrete Analysen und Strategien zu erarbeiten, die im Spannungsfeld von Kritischem Denken, Wissen und Verantwortung dazu befähigen, „dass wir die für uns beste politische und gesellschaftliche Organisationsform wählen, dass wir selbst unsere Werte erkennen, kurz gesagt, dass wir in umfassender Weise das werden, was jeder von uns ist, nämlich ein freier Mensch.“ (Federico Mayor, ehemaliger UNESCO-Generaldirektor)