Heidegger und das Ereignis
Das Denken Martin Heideggers ruft im Rahmen von heutigen philosophischen Diskursen nicht un-erhebliche Verständnisschwierigkeiten hervor. Das hängt zum einen mit Heideggers Sprachgebrauch zusammen, zum anderen damit, dass sich Heidegger dezidiert gegen ein gegenwärtiges Denken rich-tet, das er als „seinsvergessen“ kennzeichnet. Dem entspricht, dass sein Denken Missverständnissen ausgesetzt ist, deren Ursprung von ihm selbst in dieser Seinsvergessenheit verortet werden. So wird sein Denken etwa als „mystisch“ o. dgl. bezeichnet. Solche voreiligen Etikettierungen abzubauen, gilt mein Anliegen.
Was Heideggers Denken leitet, ist eine menschliche Seinserfahrung, die sich Unterscheidungen in „rational/irrational“ etc. entzieht, da sie solchen kategorialen Zuordnungen im Erkennen und Wissen voraufliegt. Dabei geht bei dieser Seinserfahrung nicht um das Erkennen einer Entität namens „Sein“, sondern darum, dass in ihr Sein und Mensch einander wesentlich übereignet sind, wenn es gilt, einer Falle sowohl eines Objektivismus als auch Subjektivismus zu entgehen. Durch ein Absehen von dieser Zugehörigkeit von Sein und Mensch, ihr Missdeuten, wird für Heidegger das Denken vorherrschend, das beides vergegenständlicht und es voneinander isoliert. Dieses Denken ist das der Metaphysik.
Nach Heidegger ist jenes Verhältnis von Sein und Mensch von vornherein geschichtlich zu denken. Auch es selbst ist nicht zu hypostasieren, es ist vielmehr ein jeweiliges, das einem geschichtlichen Wandel unterliegt. Im Laufe dieses Wandels kann der Mensch sich vom Sein dann auch absentieren, wenn sein Seinsverständnis auf ein Sein des Seienden anstatt auf ein Sein als solches achtet. Ist auch das Seiende stets nur im Lichte seines Seins zu vernehmen, so kann sich doch das Seinsverständnis an ein bestimmtes Seiendes halten, nach dem ein jegliches Seiende ausgelegt wird. Dies ist das Wesen der Metaphysik, die Gott oder auch den Menschen als das ausgezeichnete Seiende definiert.
Aber auch die metaphysische Prägung des Seins bleibt in das, was Heidegger eine Zuschickung des Seins nennt, einbehalten. Dieses Geschehen der Zuschickung oder des „Ereignens“ von Sein in dessen voller ursprünglicher Dimension festzuhalten, gilt Heideggers Denkbemühen. Nicht zuletzt ist es auch darauf aus, einen Sinn für Geschichte zu bewahren, der uns nicht an ein Ende, das wir schon kennen würden, ausliefert.