Ende des 19. Jh. – mit dem Aufkommen der modernen Religionswissenschaften – entstand der bis heute in weiten Kreisen genutzte Begriff der „Mysterien-religionen“ oder auch „orientalischen Religionen“. In der ersten Dekade des 21. Jh. war es nun besonderer Verdienst u.a. der Arbeitsgruppen am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt, diese Kategorisierung kritisch zu hinterfragen und so zu dekonstruieren. Zum einen musste festgestellt werden, dass die unter dem Begriff zusammengefassten Kulte sich zwar an nahöstlichen Gottheiten orientierten, dennoch aber als genuin römisch anzusehen sind. Zum anderen musste auch der Begriff des Mysterium musste relativiert werden. So konnte in Tienen (Beligien) nachgewiesen werden, dass ca. 200 Menschen gleichzeitig am Kultgeschehen teilnahmen, so dass von einem exklusiven Geheimkult (Mysterion = Geheimnis) ebenfalls nicht mehr die Rede sein kann.
Als Ersatz für die alte irreführende Terminologie führte Jörg Rüpke in dem 2007 erschienenen Band „Gruppenreligionen im römischen Reich“ den Begriff der Gruppenreligion ein. Sein Ziel ist es, durch die Nutzung eines modernen soziologischen Terminus, verschiedene „Phänomene der römischen Kaiserzeit ohne weitere klassifikatorische Entscheidungen zu beschreiben“ [Rüpke 2007, S. 1]. Das so geöffnete Spektrum umfasst nun alle Religionsformen, „die sich über das Prinzip der Mitgliedschaft oder <Einweihung> als dauerhaften Kultgruppen organisieren und sich so von der auf öffentlich finanzierte Heiligtümer konzentrierten <diffusen Religiosität> antiker Städte deutlich unterscheiden.“ [ebd.] Neben den bereits genannten Mithras- und Isis- Kulten inkludiert diese Definition nun auch das frühe Christentum und Judentum, deren Genese sich nun gut in die religiösen Transformationsprozesse des 1. bis 3. Jh. n. Chr. eingliedert.
Auf Grundlage dieser religionshistorischen Neuorientierung thematisieren die 14. Adventsgespräche die Beziehung zwischen den Gruppenreligionen und den Mysterien, die als Initiationsrituale immer noch von entscheidender Bedeutung für das Selbstverständnis wie die Fremdbestimmung der religiösen Gruppen sind.