Grenzen des Humanen
Lese- und Diskussionsreihe
Im Zentrum der Veranstaltungsreihe stehen literarische Werke von GegenwartsautorInnen, die auf die rasanten Entwicklungen im Bereich der Lebenswissenschaften reagieren.
In den oftmals autobiographisch angelegten Texten wird die biotechnologisch oder medizinisch bedingte Auflösung von Grenzen verhandelt, die bis dato festzustehen schienen: Grenzen zwischen Tod und Leben, dem eigenen und dem fremden Körper, Mensch und Technik sowie zwischen Natur und Kultur.
Ob es sich um die Themen Koma und lebensverlängernde Intensivmedizin, um den Komplex Präimplantationsdiagnostik oder Human Enhancement; ob es sich um die Möglichkeiten der In-Vitro-Fertilisation oder des menschlichen Klonens handelt; oder ob es um Entwicklungen in der Organ-Transplantation, der Prothetik und der Plastischen Chirurgie geht stets stehen dabei grundlegende Fragen nach der Reichweite und den Grenzen des Humanen im Raum. Auch die medizinisch bedingte Verlängerung der menschlichen Lebensspanne und ihre Folgen, wie Altersdemenz oder Alzheimer, befragen die conditio humana neu.
Die literarischen Texte werden mit den praktischen Erfahrungen und dem Fachwissen von Experten aus der Gerontologie, der Reproduktions-Medizin, der Transplantations-Chirurgie konstelliert. Die besonderen literaturwissenschaftlichen Kompetenzen kommen dort zum Tragen, wenn es darum geht, kulturhistorische Spuren in der Gegenwart aufzuzeigen und diskursive Routinen in den aktuellen Debatten zu hinterfragen. (Prof. Anne-Kathrin Reulecke, Leitung und Konzeption)
Eine Kooperation von Institut für Germanistik und Literaturhaus Graz
I Demenz / Alzheimer / Alter
Arno Geiger liest aus Der alte König in seinem Exil (Hanser 2011).
Einleitung: Johanna Zeisberg (Institut für Germanistik, Karl-Franzens Universität Graz). Gemeinsame Diskussion mit Arno Geiger und Regina Roller-Wirnsberger (Universitätsklinik für Innere Medizin, Geriatrie MED-Uni Graz)
Moderation: Anne-Kathrin Reulecke (Institut für Germanistik, Karl-Franzens-Universität Graz)
Arno Geiger hat ein tief berührendes Buch über seinen Vater geschrieben, der trotz seiner Alzheimerkrankheit mit Vitalität, Witz und Klugheit beeindruckt. Die Krankheit löst langsam seine Erinnerung und seine Orientierung in der Gegenwart auf, lässt sein Leben abhandenkommen. Arno Geiger erzählt, wie er nochmals Freundschaft mit seinem Vater schließt und ihn viele Jahre begleitet. In nur scheinbar sinnlosen und oft so wunderbar poetischen Sätzen entdeckt er, dass es auch im Alter in der Person des Vaters noch alles gibt: Charme, Witz, Selbstbewusstsein und Würde. Arno Geigers Buch ist lebendig, oft komisch. (zu: Der alte König in seinem Exil, Hanser)
„Eine tiefgründige, charaktervolle und zeitlos gültige Auseinandersetzung mit dem, was jeden angeht: Alter und Krankheit, Heimat und Familie. […] Eine Liebeserklärung an den Vater, vor allem aber ein großes Stück Literatur über das, was das Leben zu jedem Zeitpunkt lebenswert macht - und eine Erinnerung daran, wie ungeheuer weit Freundlichkeit trägt.“ (Felicitas von Lovenberg, Frankfurter Allgemeine Zeitung)
Arno Geiger
Geboren 1968 in Bregenz, lebt als freier Schriftsteller in Wien. Für den Roman Es geht uns gut erhielt er 2005 den ersten Deutschen Buchpreis.
Veröffentlichungen u.a.: Irrlichterloh (1999); Es geht uns gut (2005); Anna nicht vergessen (Erzählungen, 2007); Alles über Sally (2010); Der alte König in seinem Exil (2011).