Die Roma, die Ethno- und die Soziologie
Zum Vortrag
Sind die Roma ein Volk, oder sind sie eine Unterschicht? Die Ambivalenz sorgt immer wieder für Verwirrung, vor allem dann, wenn es gilt, Strategien zur Verbesserung ihrer Lage zu erarbeiten: Im einen Fall wird man nach Selbstvertretung oder gar nach Selbstverwaltung streben, im anderen nach individueller Gleichstellung oder gar nach Assimilation. Der Widerspruch zwischen den beiden Zuordnungen durchzieht die Wahrnehmung der Roma seit der Aufklärung; er lässt sich bei Roma-Freunden und Roma-Feinden, bei Liberalen, Kommunisten, Nationalsozialisten, sogar bei den Roma-Aktivisten selbst ausmachen. Die moderne Gesellschaft mit ihrer Migrantenkultur bietet die Chance, den Gegensatz von Autonomie und Assimilation zu überwinden. Die Pflege der Identität ist in modernen Migrantenkulturen nicht mehr der Weg zur Autonomie, sondern ein Mittel zur Schaffung von Selbstbewusstsein, das die individuelle Gleichstellung erleichtert.
Zum Vortragenden
Norbert Mappes-Niediek, Jahrgang 1953, ist seit 1991/92 Südosteuropa-Korrespondent deutsch-und niederländischsprachiger Tageszeitungen. Er lebt mit Frau und Kindern in der Steiermark. Nach der Ausbildung zum psychiatrischen Krankenpfleger dem Studium der Germanistik und Niederlandistik in Bonn und Köln begann er 1983 als Redakteur von Monats- und Wochenzeitschriften, zunächst mit dem Schwerpunkt Gesundheits- und Sozialpolitik. 1994/95 war er Berater des Sonderbeauftragten des Uno-Generalsekretärs für das ehemalige Jugoslawien in Zagreb, 2004/05 Sprecher des Deutschen Bundestages. Bücher: „Österreich für Deutsche“ (2001), „Balkan-Mafia“ (2003), „Let’s be Frank“ (Biografie von Frank Stronach, 2004), „Die Ethno-Falle“ (2007), „Kroatien, das Land hinter der Adria-Kulisse“ (2009), „Arme Roma, böse Zigeuner“ (2012).