Die Brüder Bauer

Walter Lack (Berlin): Organismische Diversität lässt sich in vielfältiger Art und Weise dokumentieren, eine davon ist die naturgetreue Zeichnung bzw. das naturgetreue Aquarell. Dieser Ansatz besaß besondere Relevanz in einer Zeit, in der die botanische bzw. zoologische Terminologie noch nicht voll entwickelt und die dauerhafte Konservierung von Belegexemplaren noch nicht gesichert war. Wegen ihres außerordentlich umfangreichen graphschen Werks von hoher Naturtreue und Relevanz für die Taxonomie kommt den Brüdern Franz Bauer (1758–1840) und Ferdinand Bauer (1760–1826), beide in Feldsberg (heute Valtice in der Tschechischen Republik) geboren, eine besondere Bedeutung zu. Gleichzeitig repräsentieren sie zwei verschiedene Arbeitsstile: Franz den sesshaften, in seinem Atelier arbeitenden Illustrator, Ferdinand den Pflanzen- und Tierillustrator auf Reisen. Während Franz in fünfzigjähriger Tätigkeit die Raritäten und Novitäten des Royal Gardens in Kew bei London dokumentierte, nahm Ferdinand in den Jahren 1786–1787 mit John Sibthorp an einer Reise in die Levante und in den Jahren 1801 und 1805 zusammen mit Robert Brown an einer Weltumsegelung auf der Investigator teil. Dabei wurden Flora und Fauna der Küsten Australiens bildlich dokumentiert. Während Ferdinands Leben weitgehend der Bearbeitung der beiden Expeditionsausbeuten gewidmet war, beschäftigte sich Franz mit einer Fülle von anderen Themen, insbesondere der Palynologie und der gleichenden Anatomie der Wirbeltiere.