„Kindheit am Bauernhof wird heute oft als schön und positiv erlebt“, berichtet Franz Höllinger. Zu diesem Befund kam der Soziologe der Uni Graz mit seinem Team im Forschungsprojekt „Perspektiven für bäuerliche Familienbetriebe in Österreich“, das vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert wurde.
Im Mittelpunkt stand die Frage, wie verschiedene Generationen ihre Arbeitssituation und die Lebensbedingungen in bäuerlichen Familienbetrieben wahrnehmen und wie sich diese Sichtweise innerhalb der letzten Jahrzehnte gewandelt hat. „Das soziale Klima in den Familien hat sich stark verbessert“, unterstreicht Höllinger. Die stark patriarchalen Strukturen sind verschwunden, Kinder werden nicht mehr als Arbeitskräfte behandelt, sondern dürfen wieder Kinder sein, Bildung hat einen wesentlich höheren Stellenwert erhalten.
Ebenso hat sich das Frauenbild verändert. Entscheidungen im Familienbetrieb werden viel öfter auf Augenhöhe getroffen, ein Viertel der für die Studie kontaktierten Höfe wird von Frauen geleitet, ein weiteres Viertel von Männern und Frauen gemeinsam. Die traditionelle Arbeitsteilung besteht allerdings weitgehend weiterhin: schwere körperliche Tätigkeiten übernehmen eher die Männer, Stall- und Hausarbeit, Kinderbetreuung sowie die Verarbeitung von Produkten ist Frauendomäne. „Die befragten Bäuerinnen sehen das sehr positiv. Sie können am eigenen Wohnort berufstätig sein und sich um die Kinder kümmern“, erklärt der Soziologe. Der Druck, betriebswirtschaftlich zu denken und innovative Produktionskonzepte zu entwickeln, schuf für sie auch neue Arbeitsbereiche, etwa Marketing, Buchhaltung und Direktvermarktung.
Wirtschaftlicher Druck
Die Notwendigkeit, innovativ zu sein und die Effizienz zu steigern, belastet die meisten befragten Betriebe. Das Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit reicht bei vielen nicht aus. Nebenerwerb und der Direktverkauf als zusätzliche Einkommensquelle helfen, den Hof auf ein solides Fundament zu stellen. Beides sind auch wesentliche Quellen der Wertschätzung, unter anderem durch den KollegInnen- oder Kundenkontakt.
Das Leben am Bauernhof ist nach wie vor arbeitsintensiv. Wenn mehrere Generationen mithelfen, gleichzeitig aber klar getrennte Wohnbereiche haben, wird diese Situation im Regelfall selten zur Belastung, haben die Forschenden herausgefunden. Viele Jungbäuerinnen und Jungbauern hat Höllinger als dynamische UnternehmerInnen erlebt, die technologischen Veränderungen positiv gegenübersteht – „vor allem, wenn sie mehr Unabhängigkeit und freie Tage mit sich bringen“, unterstreicht der Soziologe. Insgesamt hat sich die Zufriedenheit mit dem Leben am Land in den letzten 30 bis 40 Jahren deutlich erhöht, so das Fazit der Studie.