Auf Einladung des ETC Graz, des Europäischen Trainings- und Forschungszentrums für Menschenrechte und Demokratie, war kürzlich der Direktor der Grundrechteagentur der Europäischen Union, Morten Kjaerum, zu Gast in Graz. Der dänische Jurist beleuchtete in seinem Vortrag „Fundamental Rights Agency: Achievements and Relevance for European Human Rights Policy“, wie die Grundrechteagentur konkret arbeitet. Ass.-Prof. DDr. Renate Kicker vom Institut für Völkerrecht und Internationale Beziehungen der Uni Graz moderierte die anschließende Diskussion.
Kjaerum nahm Bezug auf die drei brennenden Themenbereiche Grundrechte an den Außengrenzen der EU, Hate crime und Datensicherheit, die er mit zahlreichen Beispielen illustrierte: von der Methodik der groß angelegten Studien, die immer die Betroffenen und Opfer, nicht die Perspektive der Mehrheitsgesellschaft oder der TäterInnen in den Mittelpunkt stellen, über die Schulung von EU-BeamtInnen bis hin zum Lobbying in den EU-Gremien und Mitgliedsstaaten.
Zentraler Dreh- und Angelpunkt sämtlicher Aktivitäten auf allen Ebenen sind die Menschenrechte. Auch wenn oft humanitäre Maßnehmen ein schnelles Handeln erfordern, arbeitet die Agentur grundsätzlich auf strukturelle und systematische Lösungen hin. Das muss nicht immer die „große Lösung“ sein, wie beispielsweise in Finnland, das auf den Bericht über Hate crime mit einem ganzen Maßnahmenpaket reagierte. Oft geht es um einzelne Regelungen, wie etwa die Entkriminalisierung von Fischern, die schiffbrüchige Flüchtlinge aufnehmen, für diese Lebensrettung aber strafrechtlich mit Schleppern gleichgesetzt werden, oder Grundrechtstraining für GrenzschützerInnen „until they get it into their backbones“.
„Wir bewegen uns in Richtung einer europäischen Menschenrechtsarchitektur.“ So konterte Morten Kjaerum skeptischen Fragen, ob Europa eigentlich neben Europarat und OSZE eine weitere Menschenrechtsinstitution brauche – nicht ohne seine optimistische Einschätzung gleich etwas zu relativieren: Es gebe mehr als genug zu tun für alle Institutionen, die sich in ihrer Arbeit möglichst ergänzen sollten.
Zudem sei er angesichts jener Trends, welche die breit angelegten Studien der Agentur in allen EU-Mitgliedsländern dokumentieren, manchmal knapp daran, seinen Optimismus zu verlieren. Gerade durch die letzten Studien über Hate crime und Minderheiten in Europa zieht sich als roter Faden die Angst, die Angst vor Übergriffen, aber auch die Angst, erfolgte Übergriffe anzuzeigen.
Sie zeigen aber auch – das sei die positive Seite – den Effekt konsequenter Arbeit: Die britische Polizei kann sich, nach jahrelanger Arbeit, mittlerweile freuen, dass nirgendwo in der EU die BürgerInnen so viel Vertrauen in die Polizei setzen wie in Großbritannien.