Am Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte ist bis zum 10. Juli die Schau „Die Tragödie Lettlands 1941“ zu sehen. Sie zeigt den Holocaust im baltischen Staat nach dem Einmarsch Hitlers im Juli 1941. Bereits seit 1940 war Lettland aufgrund des Hitler-Stalin-Paktes von der Sowjetunion okkupiert. Der Wechsel der Besatzung brachte den Menschen enormes Leid, besonders die jüdische Bevölkerung wurde verfolgt und vernichtet. Später deportierte man Jüdinnen und Juden aus ganz Europa in die baltischen Länder, um sie dort in den deutschen Konzentrationslagern zu ermorden.
Die Aufarbeitung der Geschichte begann erst mit der Eigenständigkeit Lettlands in den 1990er-Jahren. Der Umgang mit der großen russischen Minderheit und der eigenen Kollaboration mit den NS-Besatzern sind dabei eine Herausforderung. Die Schau beleuchtet eine zeitgeschichtlich wichtige Facette an einer politischen wie geografischen Nahtstelle – gerade jetzt, da die Spannungen zwischen Russland und der EU zunehmen.
Das Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung in Graz hat gemeinsam mit lettischen KollegInnen die Schicksale von knapp 300 österreichischen Jüdinnen und Juden erforscht, die zwischen 1938 und 1941 in Lettland Zuflucht vor der Verfolgung durch das NS-Regime fanden.
Die Ausstellung wurde heute im Beisein zahlreicher Prominenz eröffnet, darunter der lettische Botschafter in Österreich Edgars Skuja, der frühere lettische Außenminister Botschafter Kärlis Eihenbaums, OSZE-Botschafter Bahtijors Hasans, Landesrat Christian Buchmann, die Honorarkonsuln Tino Pölzer, Johannes Hornig und Gerold Ortner, sowie die Leiter des Okkupationsmuseum in Riga und des jüdischen Museums in Lettland, die auch die Schau entwickelt haben. Stefan Karner, Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts sowie des Instituts für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte der Uni Graz, verwies darauf, dass Lettland das letzte Land war, das im Zweiten Weltkrieg noch Jüdinnen und Juden aus Österreich und Deutschland aufnahm. Vizerektor Peter Scherrer verwies auf die Zeitlosigkeit des Themas Genozid und betonte: "Lettland ist nur ein Beispiel unter vielen. Die Schau möge und allen zeigen, was unsere Pflichten als Europäer sind."
Die Ausstellung findet im Rahmen der zu Ende gehenden EU-Ratspräsidentschaft Lettlands statt und ist nun erstmals im deutschsprachigen Raum zu sehen.