Warum können wir die Laute anderer Sprachen oft schwer aussprechen? Was macht einen fremden Akzent aus und wie werden wir ihn los? Ineke Mennen, neue Professorin für Angewandte Englische Sprachwissenschaft am Institut für Anglistik der Uni Graz, untersucht als eine von wenigen ForscherInnen weltweit, wie man Betonung und Melodie einer Fremdsprache erlernen kann. „Das sind wesentliche Aspekte, die uns fremd klingen lassen, und die auch zu Vorurteilen führen“, weiß die Expertin.
Zahlreiche Anekdoten belegen, dass Deutschsprachige für BritInnen langweilig klingen, während umgekehrt Englischsprachige als über-emotional wahrgenommen werden. Die Untersuchungen der Wissenschafterin haben ergeben, dass tatsächlich die absolute Tönhöhe bei britischen Frauen höher ist als bei deutschen. „Das könnte ein Grund für diese Wahrnehmung sein“, so Mennen. Diese Tatsache erschwert es beispielsweise der Filmindustrie, passende Synchronisationsstimmen zu finden. „Die sollten einerseits von der Tonlage ähnlich sein wie die der originalen SprecherInnen, gleichzeitig aber im Zielland nicht hervorstechen“, erklärt die Linguistin.
Wie wir uns anhören, beeinflusst ganz offensichtlich, wie wir von anderen wahrgenommen werden, aber vermutlich auch, wie wir die Welt sehen. Daher ist es Mennens Ziel, noch tiefer in diese Materie einzudringen und vor allem für den Fremdsprachenunterricht neue Erkenntnisse zu gewinnen. „Unsere Studien haben gezeigt, dass man sich die Melodie einer Sprache aneignen kann. Nun geht es darum, genau zu erforschen, wo die Unterschiede liegen, damit man Lernende gezielt darauf hinweisen kann“, betont die Wissenschafterin.
Derzeit erforscht die gebürtige Niederländerin, die 20 Jahre im UK gelebt hat und zuletzt sieben Jahre an einer Universität in Wales beschäftigt war, das Betonungssystem im Walisischen. „Meist erhöht man die Stimmlage, dehnt einen Vokal und spricht lauter, um eine Silbe zu betonen. Im Walisischen allerdings wird der Mitlaut nach einer betonten Silbe gedehnt – was für fremdsprachige Personen eine Herausforderung ist“, schildert sie.
Monday, 27 July 2015