Bei dem Begriff „Gastarbeiter“ denkt man hierzulande für gewöhnlich an Männer, die ab den 1960er-Jahren vor allem aus Jugoslawien und der Türkei zum Geldverdienen nach Österreich kamen. Aber auch viele Frauen gingen zum Arbeiten ins Ausland. Gründe dafür waren bessere Verdienstmöglichkeiten, mangelnde Schulausbildung, geringe Perspektiven im Herkunftsland, Abenteuerlust, die Liebe oder auch die Flucht aus der Enge traditioneller Gemeinschaften. In der öffentlichen Wahrnehmung sind diese Frauen jedoch kaum präsent.
Am 18. Juni 2015 widmete sich an der Uni Graz ein Workshop unter der Leitung der Historikerinnen Karin Schmidlechner und Verena Lorber sowie von Elisabeth Arlt vom Kulturverein Pavelhaus der weiblichen Arbeitsmigration. Bei der Veranstaltung stellten ExpertInnen aus ganz Österreich aktuelle Forschungen über „Gastarbeiterinnen“ in Österreich und konkrete Projekte zu ihrer Repräsentation im öffentlichen Raum vor. Ziel der Veranstaltung ist neben der Vernetzung und dem Erfahrungsaustausch, die Lebensrealitäten und Biografien von Gastarbeiterinnen ans Licht zu bringen und in der Folge durch entsprechende Aktivitäten in der Gesellschaft sichtbar zu machen.
Bei der Eröffnung begrüßte Harald Heppner, Leiter des Instituts für Geschichte, dass durch die Forschungen alle Teile der Gesellschaft mehr Wertschätzung erfahren. "Der slowenische und der steirische Raum waren zumindest bis 1918 eng verflochten. GastarbeiterInnen verkörpern auch heute noch zentrale Stützen der Gesellschaft." Kulturstadträtin Lisa Rücker verwies ebenfalls auf die Bedeutung von Frauen mit Migrationshintergrund: "Ohne ihren Einsatz in Reinigung und Pflege wären weder die Emanzipationsbemühungen der Frauen noch unser Wohlstand denkbar. In der gesellschaftlichen Diskussion muss darauf hingewiesen werden, gerade jetzt, wo eine Werteverschiebung spürbar ist. Danke, dass diese Forschung passiert!"
>> nähere Informationen zum Workshop
Der Workshop ist eine Ergänzung zur Ausstellung „Lebenswege – Slowenische ,Gastarbeiterinnen‘ in der Steiermark“, kuratiert von Verena Lorber, die noch bis 6. November 2015 im Pavelhaus in Laafeld/Bad Radkersburg zu sehen ist. "Die Idee war es, so Praxis und Theorie zu verbinden", erklärt die Historikerin.