Gletscher sind ideale Klimawandel-Indikatoren: Bei kleineren Gletschern werden Veränderungen in der Natur, verursacht zum Beispiel durch die globale Erderwärmung, bereits innerhalb weniger Jahre sichtbar. Am größten österreichischen Gletscher, der Pasterze am Fuße des Großglockners, sind die Veränderungen der letzten rund 135 Jahre durch nahezu lückenlose Aufzeichnungen gut dokumentiert, die Forscher Ao. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Lieb und Dr. Andreas Kellerer-Pirklbauer vom Institut für Geographie und Raumforschung an der Karl-Franzens-Universität Graz wollen jedoch weiter in die Geschichte zurückblicken. Mittels der genauen Analyse von Gletscher-Fundstücken, wie Zirbenholz und Torfgerölle, können die beiden Grazer Wissenschafter - in Kooperation mit der Grazer Pollenanalytikerin Dr. Ruth Drescher-Schneider - wesentliche Beiträge dazu leisten, den Klimaverlauf der letzten 11.000 Jahre zu rekonstruieren. Sie bündeln ihre Arbeit dabei im universitären Forschungsschwerpunkt „Umwelt und Globaler Wandel“.
Immer wieder legen Gletscher durch die Eisschmelze Verborgenes frei. Die Funde helfen der Wissenschaft möglichst genaue Aussagen über die klimatischen Veränderungen einer Region zu treffen. Am Beispiel der menschlichen Eismumie „Ötzi“, die 1991 in den Ötztaler Alpen gefunden wurde, ist eindeutig zu erkennen: „Ötzi ist vor 5300 Jahren zu Tode gekommen an einer Stelle, die bis 1991 nicht zur Gänze von Eis befreit war“, erklärt Gerhard Lieb. „Das ist für uns ein Klimaindikator. Er sagt aus, auf welchem Gebiet sich der Gletscher von damals bis zum Tag des Fundes erstreckt hat.“ Dabei ist die Größe des vereisten Gebietes entscheidend: „Kleinere Gletscher reagieren schnell, größere, wie die Pasterze, sind dagegen sehr träge“, führt Andreas Kellerer-Pirklbauer aus.
Zirbenholz und Torfreste
Der Gletscher an der Pasterze fördert vor allem Zirbenholz und Reste von Mooren, Torf, ans Tageslicht. „Wir haben zum Beispiel ein 12 Zentimeter großes Torfstück geborgen. Es verrät uns mehr als 900 Jahre Geschichte der Vegetation der Pasterze“, erklärt Kellerer-Pirklbauer. „Es stellte sich heraus, dass im Zeitraum von etwa 1300 v. Chr. bis 400 v. Chr. kein Gletscher vorhanden war, wo heute noch eine mächtige Gletscherzunge liegt.“ Die Ergebnisse der Forschungsarbeit können künftig dabei helfen, genaue Modelle für den Verlauf des Klimas zu erstellen.
Rückfragen:
Dr. Andreas Kellerer-Pirklbauer
Institut für Geographie und Raumforschung
Karl-Franzens-Universität Graz
Tel.: +43 316 380 8896
E-Mail: andreas.kellerer@uni-graz.at
Ao. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Lieb
Institut für Geographie und Raumforschung
Karl-Franzens-Universität Graz
Tel.: +43 316 380 5146
E-Mail: gerhard.lieb@uni-graz.at