Zeitschriftenpräsentation
Achlâm Bischarât (Ramallah, Palästina) liest aus ihrem Roman Ismî al-ḥarakî firâša (Deckname „Schmetterling“, 2009) und wird mit Moderator Hartmut Fähndrich (Übersetzer, Bern) über die Situation von AutorInnen in Palästina und im arabischen Raum sprechen.
Ninja Reichert (Graz) liest weitere Texte aus dem Dossier.
Präsentation des Kunstteils: Werner Fenz im Gespräch mit Roswitha Weingrill (Wien)
Die arabische Literatur ist eine neue und moderne Literatur mit einer alten Geschichte. Neu ist diese Literatur, weil sie ihre ersten Schritte erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte und dann im 20. Jahrhundert – in verschiedenen Ländern unterschiedlich intensiv – die Genres entwickelte, die das internationale Schreiben heute bestimmen: Roman, Kurzgeschichte, Poesie und Drama. Gleichzeitig erfüllt diese Literatur, bei der man eher von LiteraturEN sprechen sollte, eine Aufgabe, die sie überall hat: Seismograf zu sein für das Denken und das Erleben, für die Hoffnungen, die Erwartungen, die Befürchtungen der Menschen, aus deren Umfeld der Autor oder die Autorin stammt.
Dieses literarische Schaffen hat in der arabischen Welt jedoch eine Geschichte, die ins 7. oder 8. Jahrhundert n. Chr. zurückreicht und für die sich heutige Autoren und Autorinnen unterschiedlich intensiv interessieren – oft auch gar nicht –, die ihnen aber als kulturelles Erbe inhaltlich und sprachlich bekannt ist, wie uns Grimmelshausen und Lessing aus dem 17. bzw. 18. Jahrhundert(!). Sie ist ihnen Last oder Lust. Tradition und Moderne lassen sich hier also nicht getrennt lesen und werden miteinander konfrontiert. Das macht diese Literatur so komplex und so spannend.
Achlâm Bischarât (Aḥlām Bišārāt)
Geboren 1975 in der Nähe von Jericho. Erwarb im Jahre 2005 den M.A. in palästinensischer Literatur an der Universität von Nablus. Zunächst Lehrerin, derzeit beim palästinensischen Kulturministerium in Ramallah angestellt. A. Bischarât veröffentlichte seit 2005 in erster Linie Erzählungen und kurze Romane für Kinder und Jugendliche – u.a. Der Junge sucht seinen Namen oder Deckname „Schmetterling“. Dieser kleine Roman wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. gelangte er im Jahre 2012 auf die Liste der 100 weltweit wichtigsten Bücher für Jugendliche.
Hartmut Fähndrich
Geboren 1944 in Tübingen, studierte 1966 bis 1972 Islamwissenschaft, Semitistik und Vergleichende Literaturwissenschaft hauptsächlich in Los Angeles (UCLA). Seit 1972 wohnt und arbeitet er in der Schweiz. 1978 bis 2014 Dozent für arabische Sprache und Kulturgeschichte an der ETH-Zürich. Gastdozent in Lyon, Neapel, Amsterdam, Freiburg i.Br. Mitbegründer (1990) und langjähriger Präsident der Schweizerischen Gesellschaft Mittlerer Osten und Islamische Kulturen (SGMOIK). Übersetzer zeitgenössischer arabischer Prosa. Von 1982 bis 2010 Herausgeber der Reihe „Arabische Literatur“ beim Basler Lenos Verlag. Für seine Übersetzungen wurde er mehrfach ausgezeichnet.